Nebenkosten

19.03.2020

Viele Leute glauben, mit der Überweisung des Kaufpreises seien bis auf weiteres alle Rechnungen im Zusammenhang mit einem Eigenheim bezahlt. Natürlich kommen die Hypothekarzinsen für Bankkredite dazu. Doch weil diese in den letzten Jahren auf tiefem Niveau verharrten, werden die effektiven Vollkosten etwas verzerrt. Längerfristig kostet eine Immobilie inklusive Zinsen, Unterhalt und spätere Sanierungen oft fünf bis sechs Prozent des Kaufpreises und dies jedes Jahr.

Keine Reserven vorhanden

Der Berner Bauexperte Guy Lanfranconi sagt: «Bei älteren Eigentumswohnungen mache ich zum Beispiel immer wieder die Erfahrung, dass für Renovationen zu wenig Mittel greifbar sind.» Wenn die schon in die Jahre gekommene Heizung den Dienst versagt, ist für einen Ersatz in einem Mehrfamilienhaus mit nicht budgetierten Kosten von vielleicht 80'000 bis 100'000 Franken zu rechnen. «Die Mittel im Erneuerungsfonds einer Stockwerkeigentümergemeinschaft sind dafür nicht selten viel zu wenig dotiert», so Guy Lanfranconi.

Teure Sanierungsmassnahmen

Dem pflichtet Bauherrenberater Hans Röthlisberger bei: «Als Faustregel gehen viele Leute von 1 Prozent Nebenkosten aus. Das reicht aber bestenfalls am Anfang, unmittelbar nach einem Bezug eines Neubaus.» Schon eine Nutzungsperiode später, das heisst nach rund 20 Jahren, verschlingt meist allein die Erneuerung von Oberflächen wie Küchenabdeckungen, Böden und Wänden 10 bis 20 Prozent der ursprünglichen Investitionskosten. Ist dann eine weitere Nutzungsperiode verstrichen, blühen den Eigentümern dann die wirklich teuren Massnahmen: Sanitärleitungen, Küchengeräte, Heizung, je nach dem oft auch Dach, Fassade oder Wärmedämmungen, die technisch überholt sind.

Experte Hans Röthlisberger weiter: «Ich bin selbst immer wieder überrascht, in wie schlechtem Zustand viele Gebäude aus den 1960er und 1970er Jahren sind.» Manchmal erweisen sich die Grundrisse der Wohnungen als nicht mehr zeitgemäss, die Wärmedämmungen sind völlig unzureichend, oder alte Wasserleitungen, die ersetzt werden müssten, sind massiv einbetoniert, sodass das Haus überhaupt nicht mehr saniert werden kann.

Das Heim als Fass ohne Boden

Mit einem kritischen Blick von Fachleuten kommt man oft zu dem ernüchternden Schluss: besser neu bauen, als hier und dort weiter zu flicken. Richtig gerechnet sehen die Zahlen also so aus: Längerfristig kosten Immobilien pro Jahr etwa 1 Prozent an Nebenkosten für Betrieb und Reparaturen; darüber hinaus sind jedes Jahr 2 Prozent an Rückstellungen oder Abschreibungen einzusetzen, weil die meisten Bauteile eines Hauses nach 50 Jahren ihre Lebensdauer erreicht haben. Oft sogar noch früher.

Kostenwahrheit