Hypotheken: die 10 populärsten Fehler

13.04.2021

Bei einer Hypothek steht sehr viel Geld auf dem Spiel. Selbst Profis wissen nicht immer, auf welches Pferd sie setzen sollen bzw. welche Strategie die beste ist. Wer als Kunde falschen Informationen glaubt, wird öfters in eine Falle tappen. Wir klären über die häufigsten Fehler auf.

Jürg Zulliger

Eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus bauen zu lassen ist ein weit reichender Entscheid. Dabei geht es um Emotionen und um die Verwirklichung eines Lebenstraums. Es geht aber auch ums liebe Geld. Wer zum Beispiel im falschen Moment eine lange Zinsbindung eingeht, wird dies später vielleicht bereuen. Gut möglich, dass sich dann hohe Zinskosten auftürmen, die mit einer klügeren Strategie erspart geblieben wären.

Fehler 1: Die falsche Strategie

Besonders verlockend sind derzeit die Zinsen für sehr langfristige Festhypotheken. Früher hätte es kaum jemand für möglich gehalten, dass sich ein Eigenheim für 10 oder 15 Jahre zu einem jährlichen Hypothekarzins von deutlich weniger als 1 Prozent finanzieren liesse. „Wenn schon, denn schon…“ denken viele Kunden. Sie gehen vorzugsweise eine sehr lange Zinsbindung ein.

Doch Nachkalkulationen zeigen: De facto waren bis jetzt kaum je Festhypotheken die günstigste Variante. Eine detaillierte Berechnung des VZ Vermögenszentrums zeigt zum Beispiel, dass eine 10-jährige Festhypothek (bei einer Hypothek von 600’000) von 2009 bis 2019 insgesamt 224‘000 an Zinskosten verursachte. Eine 3-Monats-Libor-Hypothek kostete in der gleichen Zeit aber nur 64‘000 Franken. Merke: Libor-Hypotheken weisen zwar Schwankungen auf. In langer Perspektive ist es aber die zinsgünstigste Hausfinanzierung auf dem Markt.

Fehler 2: Keine Offerten vergleichen

Hypotheken sind ein Stück weit Vertrauenssache. Viele Bankkunden halten ihrer Bank extrem lange die Treue. Bei Hypotheken kostet das Geld. Wer einfach immer das nächstbeste Angebot akzeptiert, wird höhere Zinsen in Rechnung gestellt bekommen. Nicht verhandelte Richtsätze für Hypotheken liegen oft 0.5 oder 0.6 Prozent höher als die preiswertesten Angebote auf dem Markt. Unsere Empfehlung an dich: Du solltest immer mehrere Offerten einholen. Vergleichen und verhandeln lohnt sich!

Da bekanntlich für die Vergabe von Hypotheken strenge Auflagen gelten, wird sich ein Vergleich mehrerer Angebote schon deshalb lohnen. Denn erfahrungsgemäss gibt es bei der Beurteilung von Kreditgesuchen, der Bewertung einer Immobilie und der Tragbarkeitsrechnung etc. einige feine Nuancen.

Fehler 3: Den falschen Partner wählen

Haus- und Wohnungseigentümer mit guter Bonität sind heute eine sehr gesuchte und geschätzte Kundschaft bei den Banken. Doch inzwischen ist der Kreis potentieller Darlehensgeber weit grösser geworden. Immer mehr mischen auch Versicherungen, Pensionskassen und weitere Player aus dem Finanzbereich mit. Die Digitalisierung und das Internet schaffen zugleich neue, transparente Marktplätze. Kurzfristige Finanzierungen, Bau- und Umbaufinanzierungen etc. gelten eher als Domäne der Banken (Libor oder Festhypotheken mit kurzer Laufzeit). Dafür sind Versicherungen attraktive Partner für längere Laufzeiten oder die Ablösung bestehender Hypotheken. Auch hier gilt: Vergleichen lohnt sich!

Fehler 4: Keine unabhängige Beratung

Bei Hypotheken, Zinsprognosen und überhaupt Geldfragen sind viele Private bald einmal am Ende ihres Lateins. Wer weiss schon über all die Fachbegriffe Bescheid? Oder wer weiss zuverlässig, ob die Zinsen bald steigen könnten? Bloss ist es ein Irrtum zu glauben, dass der Vertragspartner oder ein Finanzvermittler immer alles weiss und richtig vorhersagt!

Im Gegenteil: Die Banken, aber auch Hypothekenbroker, Finanzberater und –vermittler sind parteiisch. Eine Bank will aufgrund des eigenen Business Modells meist ganz bestimmte Produkte im Markt „pushen“. Und ein so genannt „unabhängiger Berater“ wird bei längeren Vertragslaufzeiten meist eine höhere Provision verdienen. Merke: Ratschläge von Experten sind oft nicht ganz uneigennützig.

Fehler 5: Falsches Hypotheken-Splitting

Viele Hypothekenkunden folgen dem Rat der Bank und teilen den Kredit auf mehrere Tranchen auf. Ein typisches Hypotheken-Splitting sind zum Beispiel mehrere Festhypothekentranchen mit vier, sechs oder acht Jahren Laufzeit. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, mittlere und längere Laufzeiten beliebig zu kombinieren.

Bloss: Der Kunde muss der Bank immer einen Schuldbrief als Sicherheit hinterlegen. Die Erfahrung lehrt: Viele Kunden kommen von den Verträgen nicht mehr los, solange nicht die letzte Tranche ausläuft. Das Splitting dient also gar nicht so sehr der „Diversifikation“ von Zinsrisiken. Es stellt ganz einfach eine Form der Kundenbindung dar. Empfehlung: Du solltest darauf achten, dass die Laufzeitenden nicht zu weit auseinanderliegen. Frage den Notar oder das Grundbuchamt, ob du mit einem Splitting von Schuldbriefen bzw. mehreren Schuldbriefen flexibler agieren könntest.

Fehler 6: Zu lange Laufzeit wählen

Banken und manche Experten verwenden gerne Fachbegriffe wie „flache Zinskurve“. Das heisst: Der Zinsaufschlag für jedes Jahr zusätzliche Vertragsdauer ist derzeit gering. So kannst du dir für wenig Geld die heute tiefen Zinsen bis weit in die Zukunft sichern.

Das tönt gut. Doch de facto besteht die Gefahr von „goldenen Vertragsfesseln“. Was, wenn du länger krank oder arbeitslos bist? Oder wenn du infolge Scheidung oder Jobwechsel aus dem Vertrag aussteigen willst? Die Schadenersatzforderungen bei der Kündigung sehr langer Verträge sind teils exorbitant. Kommt dazu, dass Festhypotheken auf Dauer gar nicht unbedingt günstig sind (siehe oben). Empfehlung: Du solltest zweimal darüber nachdenken, ob eine sehr lange Zinsbindung für dich Sinn macht.

Fehler 7: Falsche Zinsprognosen

Viele Banken und Berater neigen zu der Auffassung, dass die Zinsen aktuell gerade günstig sind. „In Zukunft könnten die Zinsen aber wieder höher liegen.“ Die Konsequenz: Die meisten Kunden glauben, heute mit dem Abschluss einer Hypothek sehr günstig zu fahren. Die Wahrheit ist aber: In den letzten 10 bis 15 Jahren trafen solche Prognosen kaum je ins Schwarze. Meist sind die Zinsen nicht gestiegen, sondern gefallen. Schon vor zwei Jahren sprach man von „historischen Tiefständen“ bei den Zinsen. Trotzdem gaben die Zinsen seither noch einmal nach.

Unsere Empfehlung lautet: Mit einer neutralen Position fährst du besser. Du solltest die Hypotheken so disponieren, dass du grundsätzlich weder mit sinkenden noch mit stark steigenden Zinsen rechnest.

Fehler 8: Irrtum, ob eine Hypothek wirklich „günstig“ ist

Viele Bankvertreter rechnen vor, dass sie die Hypotheken heute über Spargelder refinanzieren (bei einem Zins von null Prozent). Dazu addieren sie die branchenübliche Marge für die Bank (Verwaltung, Risiko, Vertrieb, Refinanzierung etc.). Dies ergibt die aktuell in Rechnung gestellten Zinsen für Hypotheken in der Schweiz.

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass Zinsen auf dem Kapitalmarkt und für Bundesobligationen negativ sind, erscheinen die aktuellen Hypotheken eigentlich nicht sonderlich „günstig“. Lass dich also nicht blenden. Überprüfe solche Behauptungen.

Fehler 9: Zu hohe Risiken eingehen

Wer kann schon Nein sagen, wenn scheinbar ein Fünf-Stern-Hotel drin liegt und man lange von einem Traumurlaub geträumt hat? Ähnlich verhält es sich mit dem Eigenheim. Viele gehen finanziell bis ans Limit, nehmen eine hohe Verschuldung in Kauf und zapfen noch andere Geldquellen an (etwa ein Vorbezug von Pensionskassenguthaben). Doch Vorsicht: Die tiefen Zinsen verleiten zu der Illusion, dass Kredite billig und damit auch Liegenschaften fast umsonst zu haben sind.

Du solltest dir aber selbstkritisch die Frage stellen, ob die Lage und das Eigenheim wirklich den Millionenwert hat, der heute vielleicht gefordert wird. Würde ein Dritter in fünf Jahren gleich viel zahlen, oder könnte der Wert fallen? Als Käufer und Hypothekarkunde haftest du mit deinem Einkommen und Vermögen für alle Verbindlichkeiten eines Hauskredits. Es ist kein Crash in Sicht. Aber trotzdem: Mit Vorteil kalkulierst du mit etwas Reserve und legst dir ein Finanzpolster als Sicherheit an.

Fehler 10: Das Kleingedruckte nicht lesen

Die Kreditverträge und die Geschäftsbedingungen sind gespickt mit Juristendeutsch und „Fachchinesisch“. Wer nicht etwas Übung hat, oder selbst bei einer Bank arbeitet, blickt oft nicht durch. Die Kündigungsbestimmungen, fixe Laufzeiten, Schadenersatzforderungen bei ausserordentlicher Kündigung und sonstige Auflagen sind allerdings nicht immer sehr konsumentenfreundlich gehalten. Nebst der reinen Zinsofferte solltest du daher auch diese Aspekte genauer prüfen – oder dich beraten lassen.

Erkundige dich, ob ein Vertragsabschluss an bestimmte Auflagen oder Gegengeschäfte geknüpft wäre. Versicherungen suchen meist parallel den Abschluss einer Lebensversicherung, Banken wünschen eine Geschäftsbeziehung für Wertschriften etc. Immer getreu der Regel: Zuerst alles gründlich prüfen, erst dann unterschreiben.