Steigende Hypothekarkosten: Das musst du als Vermieter:in wissen

06.07.2023

Erstmals seit 2008 ist der hypothekarische Referenzzinssatz in der Schweiz am 2. Juni 2023 gestiegen. Wir erklären Vermieter:innen, was das für sie bedeutet und wie sie bei einer allfälligen Mietzinserhöhung korrekt vorgehen.

Steigende Hypothekarkosten: Das musst du als Vermieter:in wissen

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) berechnet alle drei Monate den sogenannten hypothekarischen Referenzzinssatz. Dieser Satz gilt in der Schweiz seit September 2008 als Basis für die Mietzinsgestaltung. Der von der SNB kalkulierte Durchschnittswert wird jeweils auf den nächsten Viertel Prozentwert gerundet. Als Berechnungsgrundlage dienen der SNB die realen Hypothekarzinssätze von Banken in der Schweiz. Der Referenzzinssatz steht somit für den mittleren Zins von Hypothekardarlehen in der Schweiz.

Vermieter:innen dürfen Miete bei steigendem Referenzzinssatz erhöhen

Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) publiziert den von der SNB berechneten Referenzzinssatz vierteljährlich. Der neue Satz wird jeweils den Medien bekanntgegeben und auf der BWO-Website publiziert. Laut BWO ist dieser Zinssatz per 2. Juni 2023 von 1,25 auf 1,5 Prozent gestiegen. Die vergangene Zinsentwicklung findest du hier. Die Publikation des neuen Satzes erfolgt jeweils am 1. Arbeitstag der Monate März, Juni, September und Dezember. Ein gestiegener Referenzzinssatz bedeutet für Vermieter:innen: Ihre Hypotheken wurden rechnerisch teurer. Je nach Ausgangslage im Mietvertrag dürfen Vermieter:innen die allgemein gestiegenen Kreditkosten ihren Mietparteien in Rechnung stellen. Dies gilt auch für Vermieter:innen, die gar keinen Hypothekarzins bezahlen müssen, da ihre Immobilie schuldenfrei ist.

Erhöhung des Mietzinses um 3 Prozent ist möglich

Haben Mietparteien in ihrem Vertrag einen Referenzzins von 1,25 Prozent vermerkt, kannst du als Vermieter:in den Mietzins in der Regel um 3 Prozent erhöhen. Das gilt hauptsächlich für Mietverhältnisse, welche zwischen März 2020 und Ende Mai 2023 abgeschlossen wurden.

Gut zu wissen: Der Referenzzinssatz ist gemäss „Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen“ nur massgebend für Mietzinsanpassungen in bestehenden, unbefristeten Mietverhältnissen (siehe: Art. 13 VMWG). Mit dem Mietzinsrechner des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) kannst du eine mögliche Mietzinsanpassung einfach berechnen. Das digitale Hilfsmittel funktioniert aber nicht bei Mietzinserhöhungen aufgrund umfassender Sanierungen bzw. wertvermehrender Investitionen.

Erlaubter Mietzinszuschlag ist gesetzlich geregelt

Die Höhe des zulässigen Mietzinsaufschlags ist gesetzlich genau geregelt. Es gilt: Eine Hypothekarzinserhöhung von einem Viertel Prozent berechtigt in der Regel zu einer Mietzinserhöhung von höchstens:

  • 2 Prozent bei Hypothekarzinssätzen von mehr als 6 Prozent;
  • 2,5 Prozent bei Hypothekarzinssätzen zwischen 5 und 6 Prozent;
  • 3 Prozent bei Hypothekarzinssätzen von weniger als 5 Prozent.

Bei Hypothekarzinssenkungen sind die Mietzinse hingegen entsprechend zu senken oder die Einsparungen mit inzwischen eingetretenen Kostensteigerungen zu verrechnen. Bei Mietzinsanpassungen infolge von Hypothekarzinsänderungen ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit frühere Hypothekarzinsänderungen zu Mietzinsanpassungen geführt haben.

Gut zu wissen: Sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen können zum Ausgleich von Kostenänderungen, welche seit der letzten Mietzinsfestlegung eingetreten sind, eine Anpassung des Mietzinses verlangen.

In diesen Fällen dürfen Vermieter:innen den Mietzins anpassen

Wichtig zu wissen für Vermieter:innen: Mietzinse sind missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Mietertrag erzielt wird oder wenn sie auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen. Mietzinse sind in der Regel nicht missbräuchlich, sofern sie:

  • im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen;
  • durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen der Vermieterschaft begründet sind;
  • bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttorendite liegen;
  • lediglich dem Ausgleich einer Mietzinsverbilligung dienen, die zuvor durch Umlagerung marktüblicher Finanzierungskosten gewährt wurde, und in einem  Zahlungsplan festgelegt sind, welcher der Mietpartei im Voraus bekannt gegeben wurde;
  • lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen;
  • das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieterverbände oder Organisationen, die ähnliche Interessen wahrnehmen, in ihren Rahmenverträgen empfehlen.

In Bezug auf wertvermehrende Investitionen gilt es zu beachten: Zu einer Erhöhung berechtigen die seit der letzten Mietzinsanpassung vorgenommenen Investitionen für wertvermehrende oder energetische Verbesserungen oder umfassende Überholungen. Rein werterhaltende Unterhaltskosten berechtigen nicht zu einer Mietzinserhöhung. Wie gross die Erhöhung ist, hängt von der Art der Investition ab. In Bezug auf die Teuerung gilt: Der Mietzins darf zu 40 Prozent an die Teuerung angepasst werden.

Ein Rechenbeispiel: Steigen die Preise in der Schweiz beispielsweise um 5 Prozent, dann darfst du den Mietzins um 2 Prozent anheben. Entspricht die effektiv bezahlte Miete zudem nicht mehr den orts- und quartierüblichen Preisen, können Vermieter:innen den Mietzins ebenfalls erhöhen. 

So gehst du bei einer Mietzinserhöhung korrekt vor

Karin Weissenberger, Leiterin des Beratungsteams des Verbands Casafair, sagt: «Wenn du als Vermieterschaft bis anhin sämtliche Senkungen weitergegeben hast, musst du prüfen, ob deine erzielte Nettorendite noch in einem angemessenen Rahmen liegt. Ist die Verzinsung des Eigenkapitals sehr tief, so ist eine Erhöhung sicherlich gerechtfertigt, damit du als Eigentümerschaft deinen Pflichten nachkommen kannst.»

Wenn du die gesetzlichen Auflagen und den Mietvertrag im Detail geprüft hast und zum Schluss kommst, dass eine Erhöhung des Mietzinses nicht missbräuchlich ist, musst du beachten, dass du die Mietzinserhöhung mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mit Begründung mitteilst. Die Mietzinserhöhung ist nichtig, wenn du sie nicht mit dem vorgeschriebenen Formular mitteilst, die Erhöhung nicht begründest oder der Mieterschaft mit der Mitteilung die Kündigung androhst oder aussprichst. Das offizielle Formular findest du auf der Website des Kantons, wo sich deine Immobilie befindet.

Gut zu wissen: Eine Mietzinserhöhung gilt frühestens ab dem nächsten Kündigungstermin.

Schlichtungsverfahren: Beachte die Fristen

Akzeptiert deine Mieterschaft die Mietzinserhöhung nicht, muss sie diese innerhalb von 30 Tagen bei der zuständigen Schlichtungsbehörde anfechten. Die Behörde hat den Auftrag, in einem kostenlosen Verfahren eine gütliche Einigung (Vergleich) zwischen den Parteien herbeizuführen. Verstreicht diese Frist ohne Widerspruch der Mietpartei(en), ist die Mieterhöhung rechtskräftig – egal ob gerechtfertigt oder nicht.

Fechtet deine Mieterschaft die Erhöhung innert der gesetzlichen Frist an, wird die Schlichtungsbehörde mit dir und der Mieterschaft Kontakt aufnehmen und euch zu einer mündlichen Verhandlung einladen. Kommt es im Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, kann die Schlichtungsbehörde einen Urteilsvorschlag aussprechen oder der ablehnenden Partei eine Klagebewilligung erteilen. Der Urteilsvorschlag ist mit einer 20-tägigen Frist verbunden. Innerhalb dieser Frist haben beide Parteien die Wahl, den Vorschlag zu akzeptieren oder nicht. Falls keine Partei den Vorschlag ablehnt, gilt er als akzeptiert. Kommt es zu keinem Vergleich, müssen die Parteien versuchen, ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Solche Gerichtsverfahren sind in allen Kantonen der Deutschschweiz kostenpflichtig.

Aufgepasst: Erhältst du die Klagebewilligung, hast du nur 30 Tage Zeit, vor Gericht zu gehen. Tust du das nicht, gilt der bisherige Mietzins weiterhin.

Vorgehen bei einem Schlichtungsverfahren

Um ein aufwändiges Schlichtungsverfahren zu vermeiden, sollten Eigentümer:innen vor einer allenfalls strittigen Mietzinsanpassung das Gespräch mit den Mietparteien suchen. Karin Weissenberger vom Verband Casafair sagt: «Die den Mietparteien zugestellten Unterlagen sind nochmals auf deren Richtigkeit hin zu prüfen. Wird ein Fehler festgestellt, so ist dies den Mieter:innen mitzuteilen und allenfalls eine korrigierte Berechnung zuzustellen. Es ist nie falsch, mit der Mieterschaft das Gespräch zu suchen, um Fragen zu klären und mögliche Missverständnisse auszuräumen. Für die Schlichtungsverhandlung sind der Mietvertrag, bisherige Mietzinsänderungen und die aktuelle Mietzinsänderung einzureichen.» 

Kündigungsschutz bei Verfahren

Achtung: Bei einem Schlichtungsverfahren sind die Mieter:innen vor einer Kündigung geschützt, da die Eröffnung eines Verfahrens ohne Druck ermöglicht werden soll. Dieser erhöhte Kündigungsschutz dauert drei Jahre nach Ende des Verfahrens. Es gelten folgende Ausnahmen, sofern 

  • du die Klagebewilligung erhältst und vor Gericht ein Urteil zu deinen Gunsten erzielt wird, 
  • du die Immobilie dringend für deinen Eigengebrauch benötigst,
  • die Mieterschaft gegen ihre Sorgfalts- bzw. Rücksichtspflicht verstösst,
  • die Mieterschaft die Schlichtungsbehörde nur kontaktiert, um vom Kündigungsschutz zu profitieren,
  • oder die Mieterschaft trotz Mahnung die Miete nicht bezahlt.