Hypotheken bleiben weiter sehr günstig

26.03.2021

Die Empfehlung vieler Banken und Berater ist klar: Wenn du lange von den historisch tiefen Zinsen profitieren willst, solltest du jetzt längerfristige Festhypotheken abschliessen. Alle Indizien sprechen dafür, dass Hypotheken auch 2021 sehr günstig sind. Sogar die Frage von «Gratis-Hypotheken» steht im Raum.

Jürg Zulliger

In Sachen Zinsen leben wir wohl in der besten aller Welten. Jedenfalls wäre dies für unsere Eltern oder Grosseltern kaum vorstellbar gewesen: Wenn du als Haus- oder Wohnungseigentümer bei einer Bank eine Hypothek über eine Million Franken aufnimmst, kostet dich dies aktuell nur etwa 5’000 Franken Zinsen im Jahr. Jedenfalls finden sich auf verschiedenen Internet-Portalen und über Hypotheken-Broker Top-Angebote ab 0,5 Prozent Zins. Das gilt sowohl für kurzfristige Hypotheken (Libor- bzw. neu Saron-Hypothek) als auch für längerfristige Finanzierungen von acht oder zehn Jahren. Einzuschränken ist höchstens, dass die Top-Konditionen nur für gute Kunden zu haben sind. Sprich bei wirklich gutem Einkommen und bei vergleichsweise tiefer Verschuldung.

Wenn der Darlehensgeber eine Kreditanfrage etwas kritischer beurteilt, liegen die tatsächlichen Kundenzinsen nach wie vor höher. Übrigens spiegelt sich auch in den offiziell publizierten Richtsätzen der Banken ein leicht höheres Zinsniveau. Die Zinskonditionen sind heute je nach Geschäft und je nach Kunde sehr individuell.

Hypotheken: 10 Jahre Laufzeit als grosser Renner

Eine Tendenz hat sich letztes Jahr klar abgezeichnet: Die meisten Haus- und Wohnungseigentümer setzen auf lange Festhypotheken. Viele Leute schliessen sogar 10- oder 15-jährige Festhypotheken ab. Damit sichern sie sich die heute tiefen Zinsen auf lange Sicht; Vorteile sind weiter die hohe Sicherheit sowie das einfache Budget beim Zinsendienst. Ein anderer triftiger Grund: Der Zinsaufschlag für längere Laufzeiten ist aktuell minim. Wer also gleich einen Vertrag für 10 Jahre unterschreibt, zahlt pro Jahr nur ein paar Hundert Franken mehr Zins. Klar, dass sich dies viele Leute nicht zwei Mal überlegen.

Immer wenn die Zinsen tendenziell nach unten gerutscht sind, stellt sich die bange Frage: Wird es dieses oder nächstes Jahr teurer? «Die Zinsen können ja nicht ewig so tief bleiben», werden kühle Rechner einwenden. Zins- und Wirtschaftsprognosen waren in den letzten Jahren nie wirklich zuverlässig. Kaum jemand hat zum Beispiel mit der Banken- und Finanzkrise 2010 gerechnet. Und niemand konnte ahnen, dass 2020 zum Jahr der Pandemie wird – mit weit reichenden Folgen für die Weltwirtschaft.

Hypothekarzinsen 2021: Fünf Thesen

Doch zahlreiche Argumente sprechen dafür, dass du auch 2021 weiter von tiefen Zinsen profitieren kannst:

  • Wirtschaft stützen: Die Notenbanken auf der ganzen Welt halten die Zinsen weiter tief. Damit wollen sie Investitionen fördern und die Wirtschaft wieder ankurbeln.
  • Staatsschulden: Viele Staaten sind in einem noch nie dagewesenen Mass verschuldet. Solange die Zinsen tief bleiben, macht dies die Schuldenlast halbwegs tragbar. Viele Staaten könnten sich kaum höhere Zinsen leisten.
  • Politik der Notenbanken: Von der amerikanischen Notenbank FED über die EZB in Europa (Europäische Zentralbank) bis zur Schweizerischen Nationalbank (SNB): Offiziell halten die Notenbank die Leitzinsen tief und werden wohl auch dieses Jahr nichts an dieser Politik ändern. Übrigens hatten wir in Europa, in der Schweiz, aber auch in Japan schon vor der Pandemie negative Leitzinsen. Die ZKB schrieb dazu neulich über die Marktaussichten und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie: «…der Leitzins der SNB wird auch über das Jahr 2021 hinaus negativ bleiben.»
  • Wichtige Kennzahlen: Finanz- und Bankfachleute lesen täglich wichtige Marktinformationen, denn sie sind oft ein Indikator für die Erwartungen im Markt. Auffallend ist zum Beispiel, dass die so genannten Swap-Sätze in der Schweiz allesamt negativ sind (Zinsen auf dem Schweizer Kapitalmarkt). Sie gelten zugleich als Orientierung für die Zinsen für Festhypotheken in Schweizer Franken. Übrigens sind auch alle Laufzeiten von Schweizer Staatsanleihen derzeit negativ verzinst. Wir schliessen daraus: All dies sind klare Hinweise, dass man in der Banken- und Finanzwelt weiter mit tiefen Zinsen rechnet.
  • Sparzinsen bei Null: Verschiedene Schweizer Banken und Institute lassen durchblicken, dass die Limiten für negative Zinsen auf Sparguthaben noch weiter sinken könnten. Auch dies spricht dafür, dass wir in der Schweiz weiter tiefe Zinsen haben. Das ist schlecht für Sparer, aber gut für Hypothekarkunden.

Zinsen 2021: «Noch lange tief», sagt ZKB-Ökonom

Mit dem Start der Impfungen in Europa, in den USA und in anderen Ländern haben sich die Wirtschaftsprognosen wieder aufgehellt. Doch es dürfte Jahre dauern, bis die Wirtschaft und der Konsum wieder Fahrt aufnehmen. Das Problem hoher Schuldenberge wird aber weiter bestehen bleiben.

Viele renommierte Ökonomen sind überzeugt, dass die Realzinsen noch lange tief bleiben. David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), sagt zum Beispiel, dass «die Realzinsen in der Schweiz, aber auch in vielen anderen Industrieländern, in den nächsten Jahren – wenn nicht gar Jahrzehnten – im negativen Bereich verharren.»

Kommt 2021 sogar die «Gratis-Hypothek»?

Der «Tages-Anzeiger» warf im Wirtschaftsteil neulich sogar die Frage auf, ob Hypothekarkunden in der Schweiz von einer «Gratis-Hypothek» träumen können. Immerhin war es früher unvorstellbar, dass der Zins für 10-jährige Festhypotheken unter die magische Schwelle von 1 Prozent fallen könnte. So vieles, was in einem «normalen» Zinsumfeld tatsächlich als abwegig erscheinen würde, scheint plötzlich möglich!

Zinsen 2021: Trend bei Spargeld

«Falls es bei den Sparzinsen 2021 noch einmal zu einem Ruck nach unten kommt, könnten sich Hypotheken 2021 tatsächlich noch einmal vergünstigen», prophezeit Lorenz Heim vom VZ Vermögenszentrum. Er befasst sich seit Jahren mit Zinsen und speziell mit Immobilienfinanzierungen. Sein Argument lautet: Die Banken ziehen zur Finanzierung von Hypotheken zu einem wesentlichen Teil ganz einfach Sparguthaben bei. Wenn dieses Geld noch billiger wird, müssten konsequenterweise auch die Hypotheken billiger werden. Experte Lorenz Heim denkt dabei weniger an die Zinsen bei den langen Festhypotheken, sondern eher an die kurzfristigen Geldmarkthypotheken (Libor- bzw. neu Saron-Hypotheken).

Hypothekenexperte Heim empfiehlt daher in jedem Fall, immer auch diese Instrumente in die Strategie einzubeziehen. Getreu der bewährten Regel: Hypotheken solltest du mit Vorteil «diversifizieren» und den Betrag auf verschiedene Produkte und Laufzeiten verteilen. Jedenfalls sind Schuldner in den letzten Jahren immer gut gefahren, wenn sie auf die in der Regel zinsgünstigen Geldmarkthypotheken gesetzt haben. Sie bergen zwar ein höheres Risiko für Schwankungen. Doch wie oben gezeigt, gilt das Szenario eines baldigen Zinsanstiegs als unwahrscheinlich.

Zinsprognosen 2021: kurze Laufzeiten attraktiv

Und nach dem Lehrbuch gelten ja die einfachen «goldenen Regeln»: Festhypotheken sind dann angezeigt, wenn du dich gegen steigende Zinsen absichern willst oder wenn dein Budget auf keinen Fall irgendwelche Zinsänderungen vertragen würde. Finanzierungen im Geldmarkt (kurzfristige Hypotheken auf Basis des Geldmarktzinses Libor bzw. Saron) sind dann das richtige Instrument, wenn die Zinsen gleich bleiben oder sogar noch sinken könnten.

Fazit zu den Zinsen 2021: Die Hypothekenstrategie sollte wohl überlegt und ausgewogen sein. Vieles spricht dafür, dass wir in der Schweiz weiter von sehr attraktiven Zinsen profitieren können.