Steigende Steuerwerte: Mit diesen Mehrkosten musst du für dein Eigenheim rechnen

Steigende Steuerwerte: Mit diesen Mehrkosten musst du für dein Eigenheim rechnen

16.05.2024

Der Zürcher Regierungsrat und andere Kantonsregierungen planen, die Immobilien-Eigenmiet- und Steuerwerte aufgrund gestiegener Preise anzupassen. Ab 2025 werden viele höhere Steuern zahlen müssen. Wir zeigen dir, wie viel mehr im Kanton Zürich fällig wird und informieren über andere Kantone. Ausserdem geben wir Tipps, wie du dich gegen zu hohe Einschätzungen wehren kannst.

Autor: Bernhard Bircher-Suits, FundCom AG

Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer im Kanton Zürich sind alarmiert: Ab der Steuerperiode 2025 drohen ihnen höhere Steuern für ihre eigenen vier Wände. Der Zürcher Regierungsrat will den Steuerwert der Liegenschaften und den Eigenmietwert neu festsetzen und an die fast überall gestiegenen Immobilienpreise anpassen.

Der Eigenmietwert ist ein vom Steueramt berechnetes, 'fiktives' Einkommen auf eine selbst bewohnte Wohnung oder auf ein Haus. Er wird dem übrigen Einkommen hinzugerechnet. Ein Beispiel: Der als Einkommen zu versteuernde Eigenmietwert einer Wohnung im Kanton Zürich im Wert von 1.2 Millionen Franken liegt bei 35'700 Franken pro Jahr.

Umstrittener Eigenmietwert wird trotz drohender Abschaffung erhöht

Parallel zu den Bestrebungen des Zürcher Regierungsrats sind National- und Ständerat auf nationaler Ebene damit beschäftigt, die Modalitäten für eine mögliche (Teil-)Abschaffung des Eigenmietwertes auszuarbeiten (siehe Parlamentarische Initiative: Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung). Wann genau und ob der politisch umstrittene Eigenmietwert ganz oder teilweise abgeschafft wird, steht noch in den Sternen.

Ralph Bauert, Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands Region Winterthur, sagt: «Ich erwarte, dass das Parlament 2025 eine Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts beschliesst und es danach zur Volksabstimmung kommt.» Eine Interessengruppe müsste dazu vorgängig aber erfolgreich das Referendum ergreifen.

Kanton Zürich: Anhebung der Steuerwerte im Schnitt um 49 Prozent

Was hingegen heute schon klar ist: Gemäss einer vom kantonalen Steueramt Zürich in Auftrag gegebenen Studie sind die Verkehrswerte von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen im Kanton Zürich seit 2009 im Schnitt um 50 Prozent, die Preise von Mietwohnungen um rund 15 Prozent gestiegen. Auf Wunsch des Zürcher Regierungsrats soll der Steuerwert bei Einfamilienhäusern durchschnittlich um 49 Prozent und der Eigenmietwert um 11 Prozent erhöht werden.

Eine solche Wertanpassung war absehbar – der Zürcher Regierungsrat hat seit 15 Jahren keine Anpassungen an den Steuer- und Eigenmietwerten mehr vorgenommen. Das lange Zuwarten ist nichts Aussergewöhnliches: So beruhen die aktuellen Liegenschaftswerte im Kanton Solothurn zum Beispiel noch auf dem Stand vom 1. Januar 1970.

Der Solothurner Regierungsrat will nun aber «mit einer Revision der Katasterschätzung das System zur Festlegung der Werte vereinfachen und die Höhe der Werte moderat anpassen.» Die Vorlage soll gemäss Behördenangaben noch im Jahr 2025 dem kantonalen Parlament vorgelegt werden. Im selben Jahr werden die Kantone Aargau und Nidwalden alle Immobilien neu bewerten. 

Andere Kantone erhöhen ebenfalls die Steuer- und Eigenmietwerte

Gemäss Rahel Haag von der Thurgauer Staatskanzlei schätzt der Kanton Thurgau jeweils «spätestens nach 15 Jahren jedes nichtlandwirtschaftliche Grundstück gesamthaft neu ein.» Im Kanton St. Gallen erfolgt eine Neueinschätzung alle 10 Jahren – wobei es sich um einen rollenden Prozess handelt. Auch im Kanton Graubünden werden die Liegenschaftswerte und die Eigenmieten laufend in einem Rhythmus von 10 Jahren angepasst.

Der Kanton Obwalden plant aktuell wie der Kanton Zürich eine Erneuerung der Grundstückschätzungen per Anfang 2025. Gemäss Finanzdepartement müssen die Obwaldner Steuerpflichtigen aber weniger tief ins Portemonnaie greifen als im Kanton Zürich. Rahel Rutz vom Obwaldner Finanzdepartement schreibt: «In den meisten Fällen wird eine gesamthafte steuerliche Mehrbelastung im Bereich von 0 bis 1.2 Prozent resultieren.»

Im Kanton Schwyz wie auch im Kanton Zug bleibt vorläufig alles beim Alten. Der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler schreibt auf Anfrage: «In Kanton Zug sind aktuell keine Anpassungen bei den Liegenschaftswerten bzw. Eigenmietwerten geplant.»

Der Kanton Luzern bewertet hingegen bis 2026 alle Grundstücke neu. Eine Handänderung bei der Immobilie könne aber gemäss Luzerner Finanzamt sofort eine neue Bewertung auslösen, welche dann auch bereits in der entsprechenden Steuerperiode gültig sei.

Gerichte zwingen Zürcher Regierungsrat zum Handeln

Im Kanton Zürich geschieht die Neubewertung nicht ganz freiwillig: Gerichte hatten vorgängig entschieden, dass die nach der bisherigen Weisung berechneten Vermögenssteuerwerte vieler Liegenschaften im Kanton Zürich deutlich niedriger sind als ihre tatsächlichen Verkehrswerte. Die vom Steueramt berechneten Steuerwerte seien deshalb nicht mehr mit Bundesrecht vereinbar und müssten angepasst werden.

Der Kanton und die Zürcher Gemeinden rechnen dank der geplanten Anpassung mit jährlichen Zusatzeinnahmen von 170 Millionen Franken. Gemäss Reto Flury, Sprecher der Finanzdirektion des Kantons Zürich, ist der Vernehmlassungsprozess zur Weisung des Regierungsrats seit dem 8. Mai 2024 abgeschlossen. Die Weisung ist gemäss Flury «nicht referendumsfähig». Das heisst: Sie dürfte mehr oder weniger wie geplant umgesetzt werden.

Verheiratetes Paar mit zwei Kindern zahlt in Zürich rund 2'000 Franken mehr

Doch wie viel tiefer müssen Steuerpflichtige im Kanton Zürich ab 2025 ins Portemonnaie greifen? Ein Beispiel der kantonalen Finanzdirektion zeigt: Einem verheirateten Zürcher Paar mit zwei Kindern droht bei einer Erhöhung des Steuerwerts ihrer Stadtwohnung von 500'000 Franken auf neu 1'094'000 Franken sowie einem um 5'200 Franken höheren Eigenmietwert eine Mehrbelastung von 2'078 Franken im Jahr. Je nach Familienstand, Steuerbelastung, bisherigem Vermögenssteuerwert und Eigenmietwert ist es weniger oder mehr. 

Wer sein Eigenheim nach 2009 gekauft hat, fährt günstiger

Wer sein Eigenheim im Kanton Zürich nach 2009 gekauft hat, kommt allenfalls günstiger weg: Die amtlichen Werte wurden nach dem Jahr 2009 bereits laufend von den Steuerbehörden nach oben angepasst.

Wenig Freude an den Anpassungen dürften auch alle im Kanton Zürich mit niedrigen Einkommen haben – ihnen wurde ein seit 1999 gewährter Steuerrabatt beim Eigenmietwert im Jahr 2023 ersatzlos gestrichen. Der Grund: Für diesen sogenannten 'Härtefalleinschlag' fehlte die gesetzliche Grundlage. Auch sieben andere Kantone mussten solche Steuerrabatte für einkommensschwache Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer streichen.

Wie werden diese Berechnungen erstellt?

Wichtig zu verstehen: Gemäss Bundesrecht dürfen die Vermögenssteuerwerte von Liegenschaften in allen Kantonen nicht tiefer als 70 Prozent des Verkehrs- bzw. Marktwerts und die Eigenmietwerte nicht tiefer als 60 Prozent der Marktmiete liegen. Die Kantone können den Eigenmietwert höher ansetzen und sind frei in der Wahl der Methode zur Ermittlung des Mietzinses als Grundlage für den Eigenmietwert.

Doch wie berechnen die Kantone diese Steuerwerte konkret? Der Kanton Zürich setzt dafür eine Formel ein. Andere Kantone wenden das sogenannte Einzelbewertungsverfahren an und berechnen den Eigenmietwert mit einem hedonischen Computermodell, das objekt- und standortspezifische Kriterien berücksichtigt, darunter zum Beispiel der Kanton Aargau.

Im Kanton Obwalden wird die Grundstückbewertung mittels folgender Formel vorgenommen: Die Grundlage bei Ein- bis Dreifamillienhäusern sowie Stockwerkeigentums-Einheiten sind der Landwert (Anz. m2 x CHF pro m2) zuzüglich dem Zeitwert (Gebäudeversicherungsneuwert abzüglich Altersentwertung).

Behördliche Eigenmietwert-Berechnung kannst du bei Bedarf anfechten

Gut zu wissen: Du musst den amtlich festgelegten Eigenmiet- und Steuerwert nicht akzeptieren. Bei Abweichungen kannst du andere Werte in deiner Steuererklärung einsetzen. Den geänderten Wert musst du aber in einem Begleitbrief ans Steueramt begründen und entsprechende Beweismittel beilegen.

Ein tieferer Eigenmietwert lässt sich etwa mit effektiv bezahlten Mietzinsen von vergleichbaren Objekten und Lagen begründen. Dabei liegt die Beweispflicht bei Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern. Das Amt wird dann die definitiven Werte bei der Prüfung der Steuererklärung festsetzen.

Dagegen kannst du im normalen Verfahren Einsprache erheben. Begründete Einsprachen haben durchaus Aussicht auf Erfolg: Im Kanton Zug werden gemäss Regierungsrat Heinz Tännler beispielsweise pro Jahr schätzungsweise rund 30 Prozent der amtlichen Werte nach Einsprachen korrigiert. Im Kanton St. Gallen beträgt die 'Korrekturquote' gemäss kantonalem Steueramt sogar rund 40 Prozent.

Bei negativen Bescheiden kann allenfalls auch eine Rechtsschutzversicherung mit entsprechender Versicherungsdeckung weiterhelfen. Michael Grütter, Rechtsanwalt bei der Protekta Rechtsschutzversicherung der Mobiliar, rät: «Falls ein Einsprache-Entscheid negativ ausfällt, übernimmt die Protekta – soweit eine Versicherungsdeckung vorliegt – die Kosten für das Beschwerdeverfahren gegen den Entscheid inklusive Vertretung durch externe Anwältinnen und Anwälte.» Für weitere Infos dazu kannst du dich hier kostenlos beraten lassen.

Steuerverfügung: So wehrst du dich gegen überhöhte Steuerwerte

Die Berechnung des Eigenmietwerts ist kantonal geregelt. Deshalb empfiehlt es sich, in einem ersten Schritt die Webseite der jeweiligen kantonalen Steuerverwaltung sowie allfällige dort hinterlegte oder verlinkte Informationsquellen zu konsultieren.

Wenn du mit einem vom Steueramt festgestellten Eigenmiet- oder Steuerwert nicht einverstanden bist, musst du gegen die Verfügung innerhalb der Rechtsmittelfrist Einsprache erheben. Dieser Schritt kann in vielen Kantonen erst mit der definitiven Veranlagung der Steuererklärung erfolgen.

Tipp: Kontaktiere vor einer Einsprache zuerst die zuständige Fachperson beim Steueramt und lass dir erklären, wie die Behörde zu ihrer vermeintlich 'falschen' Einschätzung gekommen ist.

Korrekt und fristgerecht Einspruch einlegen

Falls du mit der definitiven Veranlagungsverfügung bzw. den berechneten Eigenmiet- und Steuerwerten der Behörden nicht einverstanden bist, kannst du innert 30 Tagen kostenlos gegen die Verfügung Einspruch erheben. Wenn du die Frist verfallen lässt, wird die Veranlagungsverfügung rechtskräftig.

Für eine Einsprache solltest du alle relevanten Unterlagen sammeln und den schriftlichen Einspruch per Einschreiben beim zuständigen Steueramt einreichen. Originalunterschrift nicht vergessen! Sende den Brief mit eingeschriebener Post, dann kannst du die Einhaltung der Frist beweisen.

Beweise vorlegen

Du solltest für eine Einsprache alle relevanten Informationen und Beweise vorlegen, die die Höhe der Eigenmiet- und Steuerwerte beeinflussen könnten. Dazu gehören zum Beispiel Vergleichsmieten, Gutachten über den Immobilienzustand oder Informationen über ähnliche Objekte in der Umgebung.

Ein Gutachten einer Schätzung-Fachperson kann die Erfolgsaussichten einer Einsprache deutlich erhöhen. Es kostet für eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus in der Regel zwischen 700 und 2'000 Franken.

Rechtliche Beratung

Lasse dich bei Bedarf von Fachpersonen deiner Rechtsschutzversicherung oder Steuerexperten rechtlich beraten, besonders wenn es um komplexe steuerliche Angelegenheiten geht. Eine Anwaltsperson oder eine juristisch erfahrene Steuerfachperson kann dir helfen, die rechtlichen Optionen auszuloten und eine Strategie für den Einspruch zu entwickeln. 

Beschwerde beim Verwaltungsgericht

Wenn dein Einspruch vom Steueramt abgelehnt wird, besteht immer noch die Möglichkeit, Beschwerde beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen. Hier ist es ratsam, sich von einer juristischen Fachperson vertreten zu lassen, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Rekurse und Beschwerden sind kostenpflichtig, wenn du nicht Recht erhältst.  

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