Energetische Sanierung - wie wirkt sich das auf den Mietpreis aus?

08.04.2021

Wenn ein Mietobjekt saniert wird, kann es teuer werden. Nicht nur für Vermieter*innen, sondern auch für die Mieter*innen. Aber wie viel der Sanierungskosten dürfen auf die Mieter*innen abgewälzt werden? Wir erklären euch die Rechtslage und geben Tipps für das richtige Vorgehen.

Jürg Zulliger

Das Thema Energiesparen ist wichtiger denn je. Dabei spielen die Gebäude eine zentrale Rolle. Rund 45% des nationalen Energieverbrauchs geht gemäss Bundesamt für Statistik auf das Konto Heizung und Betrieb von Gebäuden zurück. In der Schweiz sind über die Hälfte aller Immobilien älter als 40 Jahre, fast 1.5 Millionen Häuser sind dringend sanierungsbedürftig. Das ist ein Problem, da ältere Häuser nicht sehr effizient heizen. Somit steigen die Nebenkosten und der Energieverbrauch.

Energiesparen: Gebäude müssen saniert werden

Sanierungen sind nicht freiwillig. Wenn ein Gebäude technische Baunormen oder kantonale Energiegesetze nicht einhält, wird eine Sanierung zur Pflicht. Es wird aber nicht nur gezwungen, sondern auch gefördert. Das Gebäudeprogramm, ein Programm von Bund und Kantonen, zahlt Fördergelder für energetisch wirksame bauliche Massnahmen.

Muss die Mieterschaft auch zahlen?

Neue Fenster, neue Heizung und neue Fassade. Ein energieeffizientes Gebäude kostet viel Geld. Und wer muss das bezahlen? Private Hauseigentümer*innen zahlen eine Sanierung aus der eigenen Tasche. Aber wie funktioniert das bei einem Mehrfamilienhaus mit vermieteten Wohnungen? Der normale Unterhalt, Instandhaltung und Reparaturen sind in der Miete inbegriffen. Das heisst, wenn beispielsweise die Fenster oder die Heizung durch ähnliche, gleichwertige Produkte ersetzt werden, darf die Miete nicht erhöht werden. Solche Sanierungen werden als werterhaltende Massnahmen bezeichnet.

Wertvermehrende Massnahmen hingegen dürfen auf Mieter*innen abgewälzt werden. Denn diese profitieren von energetischen Sanierungen, da die Nebenkosten aufgrund von erhöhter Effizienz sinken.

Offene Fragen zur Kalkulation des neuen Mietzinses

Ein Beispiel um die Kostenverteilung genauer zu erklären:

Ein Hauseigentümer ersetzt 30-jährige Fenster durch moderne Energiesparfenster mit Dreifachverglasung. Die Mehrkosten gegenüber einem gleichwertigen Ersatz können auf die Mieter*innen abgewälzt werden. Die 30-jährigen Fenster sind aber nicht mehr auf dem Markt erhältlich. Es ist daher schwierig den Mehrwert zu definieren.

Oftmals schliessen Hauseigentümer*innen mit Bauunternehmer*innen einen Pauschalvertrag ab. Aus der Pauschale geht nicht im Detail hervor, welche Massnahmen und welche Teile des Umbaus wie viel kosten.

In einem konkreten Einzelfall hat das Bundesgericht bei modernen Energiesparfenstern eine Wertvermehrung von 40 Prozent anerkannt. Manche Juristen und Juristinnen sehen nun einen Verteilschlüssel von 40:60 als eine Art Faustregel.

Der Begriff "umfassende Überholung eines Gebäudes" taucht oft auf. Davon ist die Rede, wenn die Sanierung die sonst üblichen jährlichen Unterhaltskosten in erheblichem Umfang übersteigt. Bei solchen grösseren Sanierungen darf der Hauseigentümer 50-70 Prozent der Kosten auf die Mieten überwälzen.

Energiesparen: Was bringt es mir als Mieter*in?

Fabian Gloor vom Mieterinnen- und Mieterverband kennt die Komplexität des Themas und die schwierigen Auslegungsfragen. Für ihn kommt es auch darauf an, ob die Investitionen zu tieferen Nebenkosten beitragen oder nicht: "Dies würde es rechtfertigen, eine bestimmte Sanierungsmassnahme als wertvermehrend anzuerkennen."

Ein Beispiel: Wenn Fenster und die Gebäudehülle auf ein wesentlich höheres Level gebracht werden, sinken auf viele Jahre hinaus die Heiz-  und Energiekosten. So profitieren die Mieterinnen und Mieter. Laut Jurist Fabian Gloor wäre es ein Indiz für normalen Unterhalt, wenn die Nebenkosten nach dem Umbau gleich hoch liegen wie zuvor.

Neue Fragen wirft eine angepasste Verordnung zum Mietrecht auf. Sinngemäss sollen Hauseigentümer*innen bestimmte Kostenmodelle vollständig auf die Mieten überwälzen können. Es ist da vom sogenannten Energiecontracting die Rede. Ein spezialisierter Energiedienstleister betreibt und erstellt zum Beispiel die Heizung für ein Mehrfamilienhaus. Nach dem neuen Grundsatz können Eigentümer*innen diese Drittkosten vollständig auf die Mieten überwälzen. Diese Änderung soll einen Anreiz für Modernisierungen und Energieeffizienz schaffen. Es sei aber nicht vertretbar, eine möglicherweise teure Lösung einfach auf die Mietzinsen abzuwälzen, betont Fabian Gloor. Eigentümer*innen seien selbstverständlich verpflichtet, eine wirtschaftliche Lösung zu wählen.

Was gibt es für formelle Vorschriften?

"Wenn Vermieter*innen den Mietzins wegen Mehrleistungen erhöhen wollen, müssen sie die sachdienlichen Belege und eine Berechnung vorlegen." Weiter müssen Vermieter*innen Rechenschaft darüber ablegen, ob sie Förderbeiträge für wertvermehrende Verbesserungen erhalten. Korrekt ist es, wenn der staatliche Kostenbeitrag vom wertvermehrenden Anteil abgezogen wird. Um Klarheit zu schaffen, hält es Gloor für zweckmässig, die relevanten Unterlagen vorzulegen: "Mit Vorteil werden den Mieter*innen die Bauabrechnung und Kopien der Rechnung ausgehändigt."