Darf ich als Mieter:in eine Renovation verlangen?

Darf ich als Mieter:in eine Renovation verlangen?

29.03.2021

Wenn der Frühlingsputz ansteht, wünscht man sich öfters frisch gestrichene Wände oder mal einen neuen Kühlschrank. Viele Mieterinnen und Mieter denken, sie hätten nach einer gewissen Zeit ein Recht auf Renovationen und Verschönerung. Rechtlich gesehen ist das aber nicht der Fall.

Jürg Zulliger

Eine stets wiederkehrende Frage im Mietrecht dreht sich um Verschönerungen und Verbesserungen von Wohnungen. Mieterin Eva S. aus Biel erzählt zum Beispiel: «Bei der Wohnungsbesichtigung fiel mir schon auf, dass das Parkett stark abgenutzt ist und die Wände fleckig sind.» Die Vorfreude auf die neue Wohnung ist dann nach dem Einzug getrübt: Die Verwaltung hat nichts renoviert, die Wände sind noch genauso fleckig wie vorher.

Oder nehmen wir ein Ehepaar aus Zürich: Die beiden wünschen sich, dass ihre Wohnung endlich etwas aufgepeppt wird: «Die Küchenmöbel, Kühlschrank und Kochherd sind immer noch im Originalzustand von 1985!» Ist die Verwaltung aber tatsächlich verpflichtet, nach so vielen Jahren eine neue Küche zu liefern? Darf Eva S. erwarten, dass die Wände frisch gestrichen werden?

Kein Anrecht auf Renovation

Selbst Vertreter*innen des Mieterinnen- und Mieterverbandes müssen solche Fragen verneinen. Ein Anrecht auf Renovation gibt es nicht. Fachleute im Mietrecht führen folgendes Argument an: Der Mieter oder die Mieterin hat die Wohnung vor Vertragsunterzeichnung besichtigt. Und damit erklärt er oder sie sich einverstanden, dass sie auch so übernommen wird. «Wie gesehen, so gemietet», lautet das Prinzip.

Thomas Oberle, Jurist beim Hauseigentümerverband (HEV), sagt dazu: «Wenn die Altbauwohnung beim Vertragsabschluss weder über einen modernen Glaskeramikherd noch über einen Dampfabzug verfügt hat, kann man dies nicht im Nachhinein als Mangel reklamieren.»

Zumindest rechtlich lässt sich nicht zwingend einfordern, dass der Vermieter oder die Vermieterin die Geräte und Installationen laufend der neuen Zeit anpasst. Und wenn die Wände zum erwähnten Zeitpunkt fleckig waren, kann die Mietpartei nicht einen Neuanstrich verlangen.

«Das Gesetz sagt im Grunde genommen nur, dass die Wohnung zum vorausgesetzten Gebrauch taugen muss», so Oberle vom HEV. Gebrauchstauglich ist aber nicht das gleiche wie die Frage, ob die Wohnung «schön» ist oder nicht. Gebrauchstauglich heisst schlicht, dass es sich dort wohnen lässt. Dies beinhaltet Punkte wie einen Strom- und Wasseranschluss sowie eine funktionierende Heizung im Winter.

Die Lebensdauertabelle sorgt für Verwirrung

Dies ist in aller Kürze zusammengefasst die Rechtslage. Dennoch hält sich in der Praxis der populäre Irrtum, dass Mieter*innen heute bereits nach acht Jahren einen neuen Anstrich der Wände verlangen können. Selbst nach 20 oder 30 Jahren haben Mieterinnen und Mieter nicht unbedingt einen Anspruch auf einen neuen Farbanstrich, wenn der bisherige Wandbelag noch in einem akzeptablen Zustand ist.

Woher dieser falsche Glaube kommt, ist rasch beantwortet: Der Hauseigentümer- und der Mieterverband geben gemeinsam die Lebensdauertabelle von Bauteilen heraus. In diesem Dokument haben sich beide Seiten zum Beispiel darauf geeinigt, dass ein Wandanstrich bereits nach acht Jahren seine Lebensdauer erreicht hat.

Die Lebensdauertabelle ist dafür da, den sogenannten Zeitwert von Bauteilen zu bestimmen. Wenn zum Beispiel beim Auszug der Mietpartei der Bodenbelag infolge übermässiger Abnutzung zu ersetzen oder der Wandanstrich zu erneuern ist, muss die Mieterschaft einen Teil der Kosten übernehmen. Ist die Lebensdauer erst zu 25 Prozent erreicht, muss der Mieter 75 Prozent übernehmen. Ist aber die übliche Lebensdauer schon überschritten, geht die Reparatur vollständig zu Lasten des Vermieters oder der Vermieterin.

Besser im Voraus verhandeln

Fassen wir zusammen: Im juristischen Sinne gibt es kein Recht auf Renovationen. Mieterinnen und Mietern steht aber gleichwohl ein gewisser Spielraum für Verhandlungen offen. Der ideale Zeitpunkt ist natürlich vor Vertragsabschluss: Wenn du die Miete nur antreten willst, wenn möglichst bald Maler*in, Gipser*in und Bodenleger*in kommen, musst du dies beweisbar vereinbaren – natürlich am besten schriftlich. Denkbar wäre auch eine entsprechende Bemerkung im Mietvertrag, unter dem Titel «Sonstige Vereinbarungen». Irgendwelche mündlichen Versprechungen sind immer heikel, weil du sie im Nachhinein nicht beweisen kannst.

Wenn du handwerklich geschickt bist, kannst du Malerarbeiten oder weitere Verbesserungen vielleicht selbst durchführen. Doch Vorsicht: Arbeiten und Veränderungen an der Wohnung setzen die schriftliche Zustimmung der Verwaltung voraus. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel zum Mietrecht rund um das Thema Renovation.

Wenn Mängel zu beanstanden sind

Was du als Mieter*in einfordern kannst, sind der übliche Unterhalt der Liegenschaft sowie Reparaturen: Wenn es also der Backofen nicht mehr auf 250 Grad bringt, der Kühlschrank unzureichend kühlt oder wenn der Teppich voller Löcher und offensichtlich in desolatem Zustand ist, muss der Vermieter oder die Vermieterin die Mängel beheben, und zwar auf seine eigene Kosten. Weitere Beispiele für Mängel sind Farben oder Tapeten, die sich von der Wand lösen oder abblättern, oder auch eine defekte Kochherdplatte. Um eine Reparatur respektive die Behebung des Mangels zu verlangen, musst du den Mangel rügen - am besten schriftlich und mit eingeschriebener Post.

Gesondert zu behandeln sind kleine Mängel, die die Mieterschaft selbst zu beheben und zu bezahlen hat. Dazu gehört etwa das Ersetzen von defekten Sicherungen und Glühbirnen, Dichtungen oder Zahngläser. Dieser sogenannte kleine Unterhalt ist Sache der Mieterschaft, solange die Reparatur die Grössenordnung von 150 bis 250 Franken nicht übersteigt. Ein Kriterium ist dabei natürlich auch, ob die Arbeit ohne allzu grosse handwerkliche Kenntnisse leicht selbst erledigt werden kann.

Nach dem Umbau

Auf einem anderen Blatt steht, ob und wie die Auslagen und Investitionen des Vermieters oder der Vermieterin überwälzt werden können. Wenn wir bei unserem Fallbeispiel mit dem Ehepaar in der Altbauwohnung bleiben: Der Ersatz alter Küchengeräte durch neue oder auch Malerarbeiten berechtigen nicht zu einem Mietzinsaufschlag. Hier gilt die Regel: Der normale Unterhalt ist mit der Miete abgegolten. Die Verwaltung darf die Miete nur dann erhöhen, wenn sie durch eine Renovation oder einen Umbau einen echten Mehrwert bietet. Wenn also zusätzliche Geräte angeschafft werden, die vorher gefehlt haben. Beispielsweise eine eigene Waschmaschine inklusive Tumbler in der Wohnung anstatt in der Gemeinschaftswaschküche. Ähnliches gilt für grössere Sanierungen, die einen Anteil an Wertvermehrung umfassen. Darunter würde zum Beispiel ein neuer, grösserer Balkon fallen.